Unsere zentralen Forderungen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung in Hessen
Der Ausbau der Ganztagsbildung, der seit den 2000er Jahren in Deutschland stetig vorangetrieben wird, erreicht mit der Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung ab dem Schuljahr 2026/27 einen neuen Höhepunkt. Dieser Initiative des Bundesgesetzgebers lagen zahlreiche wohlbegründete sozial- und arbeitsmarktpolitische Überlegungen zugrunde. Gleichzeitig hat diese Entscheidung eine besondere Tragweite für das zukünftige Aufwachsen von Kindern in unserer Gesellschaft. Denn die geplante Ganztagsförderung im Grundschulbereich wird die Lebenswelten vieler Kinder stark verändern.
Um das große Potenzial einer kindgerechten Ganztagsbildung in Hessen zu nutzen, braucht es jetzt kreative und gemeinschaftliche Lösungen. Zentral sind dabei aus unserer Perspektive folgende Forderungen:
- Die Rechte der Kinder sowie ihre individuellen Bedürfnisse und Interessen müssen im Fokus stehen. Kinder müssen bei der Planung und Ausgestaltung als Expert_innen für ihre Lebenswelt wahrgenommen und mit einbezogen werden. Ein kindgerechter Ganztag gibt Kindern neue Impulse und Anregungen, ermöglicht Bewegung und Erholung, bietet Geborgenheit und Sicherheit. Er hält geeignete Freiräume offen und eröffnet Gelegenheiten zum Ausruhen, Nichtstun und zur Kontemplation. Des Weiteren schließt er Formen altersgerechter Mitbestimmung mit ein.
- Der Ganztag muss gemäß dem SGB VIII einen Beitrag dazu leisten, dass sich jedes einzelne Kind zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit entwickeln kann. Ferner sollen junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung gefördert und Benachteiligungen abgebaut werden. Der Ganztag soll einen wesentlichen Beitrag zur Bildungs- und Teilhabegerechtigkeit leisten. Dies setzt ein hochwertiges, inklusives und kostenfreies Bildungsangebot voraus, das alle Dimensionen der sozialen, emotionalen und kognitiven Entwicklung des Kindes thematisiert.
- Von Anfang an muss die Kinder- und Jugendhilfe mit ihrer hohen Fachlichkeit und ihrem Bildungsverständnis auf allen Ebenen in die Konzeptions- und Planungsprozesse einbezogen werden.
- Der anstehende Reformprozess setzt eine gemeinsame Verständigung zwischen Schule und Kinder- und Jugendhilfe über die Zielperspektiven sowie über eventuelle Bedarfe der Neuorientierung und Professionalisierung auf beiden Seiten voraus.
- Die Umsetzung erfolgt durch Fachkräfte und qualifiziertes Personal. Die Qualifikation des nicht pädagogischen Personals muss sich an den pädagogischen Grundprinzipien der Kinder- und Jugendhilfe ausrichten und eigens für die Arbeit an Grundschulen konzipiert werden. Hierfür bedarf es einheitlicher und verpflichtender Qualifizierungsangebote, die vom Land finanziert werden. Perspektivisch fordern wir ein umfassendes Fachkräftegebot im Ganztag.
- Kinder brauchen auch zukünftig ausreichend zeitliche Freiräume außerhalb des Ganztags. Sie müssen die Freiheit haben, jenseits von Schule selbstbestimmten Freizeitbeschäftigungen und privaten Interessen nachzugehen.
Deshalb appellieren wir an die Landesregierung, insbesondere an das Hessische Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales und das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen sowie an die Kommunen, die genannten Forderungen bei den aktuellen Planungs- und Entwicklungsprozessen zu berücksichtigen, damit die Ganztagsförderung in Hessen ab 2026/27 zu einem gelungenen Vorhaben wird und die vorhandenen Reformpotentiale im Sinne aller Kinder genutzt werden!
Bündnispartner_innen und Erstunterzeichnende:
Hessischer Jugendring e.V.
Landesschüler*innen-Vertretung Hessen
Landeselternbeirat Hessen
Deutsche Kinder- und Jugendstiftung DKJS
Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Hessen e.V.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband, Landesverband Hessen e. V.
Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck
ver.di Landesbezirk Hessen
Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. Landesverband Hessen
Ganztagsschulverband e.V., Landesverband Hessen
Liga der freien Wohlfahrtpflege in Hessen e.V.
Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V.
LAG Soziale Brennpunkte Hessen e.V.
Kasseler Jugendring e.V.
Fachbereich Kinder und Jugend im Zentrum Bildung der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau (EKHN)
Makista e.V.
Initiative für Kinder-, Jugend- und Gemeinwesenarbeit Ockershausen e.V.
Prof.in Dr.in Sabine Andresen, Professorin für Familienforschung und Sozialpädagogik, Goethe-Universität Frankfurt
Prof.in Dr.in Bettina Bretländer, Professorin für Behinderung und Inklusion, Frankfurt University of Applied Sciences
Prof.in Dr.in Hanna Christiansen, Professorin für klinische Kinder- und Jugendpsychologie, Phillips Universität Marburg
Prof.in Dr.in Isabell Diehm, Professorin für Erziehungswissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt ()
Prof.in Dr.in Wiebke Dierkes, Professorin für Theorien und Geschichte Sozialer Arbeit, Hochschule RheinMain
Prof. Dr. Markus Emanuel, Professor für Sozialwirtschaft, Hochschule Darmstadt
Prof.in Dr.in Cornelia Füssenhäuser, Professorin für Theorien, Geschichte und Ethik Sozialer Ar-beit, Hochschule RheinMain
Prof.in Dr.in Tanja Grendel, Professorin für Soziale Arbeit in Bildungs- und Sozialisationsprozessen, Hochschule RheinMain
Prof. Dr. Benno Hafeneger, Professor i.R. für Außerschulische Jugendbildung, Jugendarbeit, Medien- und Kulturarbeit, Philipps-Universität Marburg
Prof.in Dr.in Verena Klomann, Professorin für Theorien der Sozialen Arbeit, Hochschule Darm-stadt
Josef Koch, Geschäftsführer der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGFH)
Prof.in Dr.in Michaela Köttig, Professorin für Grundlagen der Gesprächsführung, Kommunikation und Konfliktbewältigung, Frankfurt University of Applied Sciences
Prof.in Dr.in Gudrun Maierhof, Professorin für Methodenkompetenz und Geschichte der Sozialen Arbeit, Frankfurt University of Applied Sciences
Prof. Dr. Nikolaus Meyer, Professor für Profession und Professionalisierung Sozialer Arbeit, Hoch-schule Fulda
Prof.in Dr.in Anastasia Paschalidou, Professorin für: Außerschulische Jugendbildung/Politische Bildung/Jugendsozialarbeit/Jugendhilfe und Schule, Frankfurt University of Applied Sciences
Prof.in Dr.in Regina Remsperger-Kehm, Professur für Frühkindliche Bildung, Hochschule Fulda
Prof.in Dr.in Lotte Rose, Professorin für Professur für Pädagogik der Kinder- und Jugendarbeit, Frankfurt University of Applied Sciences
Jochem Schirp, Vorsitzender des Fachausschusses Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit des Landesju-gendhilfeausschusses Hessen
Prof.in Dr.in Larissa von Schwanenflügel, Professorin für außerschulische Jugendbildung und Ju-gendsozialarbeit, Frankfurt University of Applied Sciences
Prof. Dr. Werner Thole, Professor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Soziale Arbeit und außerschulische Bildung, Universität Kassel
Prof. Dr. Andreas Walther, Professor für Sozialpädagogik und Jugendhilfe, Goethe-Universität Frankfurt
Prof. Dr. Stefan Weidmann, Professor für Sozialraumentwicklung und -organisation in der Sozialen Arbeit, Hochschule Fulda
Prof.in Dr.in Kathrin Witek, Professorin für Methoden der Sozialen Arbeit, Hochschule RheinMain
Prof. Dr. Ivo Züchner, Professor für außerschulische Jugendbildung, Philipps-Universität Marburg
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